11.6.:
Es ging erstmal ruhig zu, da unsere Abfahrt nach Norden für 15:00 festgelegt war. Also bin ich nochmal raus, habe den Kollegen am Bahnhof (nächster Zug in 3 Stunden!) einen Besuch gewidmet, bin durch die Gassen hinter den Fassaden gewandert und habe einen Blick auf das Flughafengebäude geworfen, dessen Dach die Form eines Falken hat. Hier wie überall: Gähnende Leere. Am Nachmittag ging es wieder auf die Maschine. Bei 37° wurde es auch nicht zu kühl. Die Wüste brachte merkwürdigerweise auch keine Besserung. So haben wir auf dem Weg nach Derweza (muß man nicht kennen) 280km durch die Einöde über teils furchtbar schlechte Straßen zurückgelegt. Statt soviel Marmor zu verbauen, wäre die eine oder andere Tonne Asphalt auch gut angelegt. Mitunter tauchten wilde Kamele und auch Ziegenherden am Straßenrand auf. Hinter Derweza ging es dann runter vom Asphalt und hinein in die Wüste. Aufgrund der langen und tiefsandigen Passagen, die ich nur durch radikales Absenken des Luftdrücks der Reifen bewältigen konnte, habe ich dieses Streckenstück "Road to Hell" genannt. Denn Ziel war ja das "Gate to Hell", das seinem Namen alle Ehre macht. Dabei handelt es sich um einen Krater mit einem Durchmesser von ca 120m, in dem es permanat brennt. Das Loch entstand vor 85 Jahren bei Probebohrungen nach Erdgas, wo man irrtümlich eine Höhle anzapfte, die daraufhin einstürzte. Von einer gewaltigen Explosion ist auch noch die Rede, allerdings nicht von offizieller Seite. Im Ergebnis brennt dieses Loch jetzt seit 85 Jahren und es ist an seinem Rand knalleheiß. Übernachtet habe ich wildromantisch im Zelt in der Nähe, wo das Fauchen des Feuers noch gut vernehmbar war, diesmal aber wirklich auch unter dem Sternenzelt!
Gestern ging es in der früh wieder über die "Road to Hell" zur Straße und es begann wieder ein 260km-Tanz um die Schlaglöcher. Punkt 12:15 war ich an der Grenze, um 15:15 aus Turkmenistan raus und um 16:15 (mit Zeitverschiebung 30min) in Usbekistan drin. Und ab hier beginnt ein neues Kapitel.
10.6.:
Hermine sei Dank, jetzt kann ich wieder erzählen! Wo fange ich an? Ach ja, die Grenze! Nach meinem finalen Iran-Abenteuer habe ich also die ansehnlichen Grenzübergangs-Anlagen erklommen, sie liegen auf einem Berg. Raus ging es recht zügig, die Iraner waren, wie immer, gut gelaunt und einem Schwätzchen über Fußball nicht abgeneigt. Auf Turkmenistan-Seite ging es anders, aber nicht unfreundlich zu. Insgesamt waren 10 Kontrollstellen zu absolvieren, hoch und runter, links rum und rechts rum, dann wieder zurück, an 5 Stellen insgesamt 60$ abdrücken, dazu 25$ Baquschigh! Willkommen in Zentralasien! 2 Stunden gehen dabei gerne ins Land und zum Schluss durfte ich mein Gepäck wieder neu laden. Mein Escort-Bus wartete schon und dann ging es hinein in den eisernen Vorhang! Erste Ansage: Bis zum Hotel (35km entfernt) keinen Stopp, kein Foto, nix. Basta! Okaeeyy, dann halt erstmal nicht. Aber wie wir so über die wüstenartigen Höhen rauschen, erscheint eine Kurve, die den Blick von oben auf Ashgabat freigibt. Es hätte mich fast aus dem Sattel gehauen. In einer sonst leeren Landschaft stehen plötzlich Hunderte mit weißem Marmor verkleidete Hochhäuser. Durch den Dunst wirkte das Ganze noch surrealer als es war. Aber von der Wirkung her: Der Hammer! Ich dachte, jetzt bin ich auf dem Mars oder sonstwo irgendwie entrückt! Einfahrt in die Stadt: Durch ein großes marmornes Tor auf ebenen-weiten, grün gesäumten und von unzähligen Springbrunnen verzierten Boulevards, vorbei an eben diesen Monumenten und Gebäuden, gehüllt in Marmor und Gold!
Dazu das deja-vue aus Sofia: Wo sind die denn alle? Hier sollen über 1 Mio Leute hausen, die müssen doch irgendwo sein? Egal, ab ins Hotel und hier die nicht unangenehme Überraschung: Es gibt wieder ordentliches, kühles Bier für überhitzte Silk-Road-Rider, yeah, die Fastenzeit ist vorbei!
Am Samstag war dann geführtes sightseeing angesagt. Im klimatisierten Toyota (hier ist alles klimatisiert, die shopping-malls, die Moscheen und etliche der Bus-Wartehäuschen auch) ging es erst ein wenig in die Geschichte aufs Land und dann entlang der weiß-goldenen Sehenswürdigkeiten in die Stadt. Hier und da haben wir ein Päuschen eingelegt und ich denke, die Bilder sprechen für sich. Ich kann auch nicht bewerten, ob es sich bei der Bauwut (alles wurde nach der Unabhängigheit ab 1991 errichtet) um Geltungssucht des ersten Staats-Diktators handelt (der sich übrigens im ganzen Land mit vergoldeten Statuen verewigt hat, Thema: ein Volk, eine Nation, ein Führer (kommt bekannt vor, oder?)), oder ob man schlicht und ergreifend den Reichtum des Landes darstellen will (Gas, Gas, Gas). Es wirkt alles wie Retorte, aufgesetzt und ohne Leben, es gibt kaum Menschen auf den Straßen zu sehen und bei allen, wirklich allen Monumenten, Moscheen, Mausoleen, Denkmälern war ich der einzige Besucher an beiden Tagen. Da fragt man sich auch, für wen die größte und mit 400kg schwerste Fahne Asiens an ihrem 130m-Mast eigentlich weht. Sonst war kein Mensch zu sehen, vom Bewachungs- und Pflegepersonal abgesehen. Beides übrigens reichlich vertreten. Richtig voll und richtig Volk bekomme ich eigentlich nur in der Freiluftbar vor dem Hotel zu Gesicht. Da geht es dann aber auch ab, denn spätestens um 23:00 ist landesweit Schicht im Schacht und die Bürgersteige werden hochgeklappt. Davor geht jedoch hektoliterweise Wodka über den Tresen, oh Mann! Gut, daß ich eh nicht so ein Barsitzer bin :)
Heute gab es einen Ausflug auf´s Land, die BMW hatte 2 Tage Erholungsurlaub. Die Besichtigung wichtiger Gedenkstätten (siehe oben) habe ich brav mitgemacht und dann ging es zum ersten highlight nach unten: Hier gibt es einen an Mineralien reichen Höhlensee. Da war ich natürlich drin, mit danach sauberen Füßen, wie man sieht. Ein landestypisches Picknick mit meinem Team schloss sich an. Am Nachmittag stand die Besichtigung eines Friedhofs an, bei dem auf allen Grabstelen Hörner von Ziegenböcken und Mufflons thronen. Gibt es nur hier in der Gegend in der besuchten Gemeinde und das dürfte weltweit einzigartig sein. Man erhofft sich besondere beschützende Effekte! Na klar, wenn´s hilft! Danach erfolgte noch eine Einladung zum Nachmittagstee bei einem ortsansässigen Kräuterhändler. Dafür ist diese Gemeinde Nohur, die recht abgelegen und nah der iranischen Grenze liegt, vor allem bekannt. Zum grünen Tee, mit Lavendelblüten noch aufgepeppt, sehr lecker und wohlriechend, reichte man dann noch ein paar Kleinigkeiten: Walnüsse, Käse der eigenen Ziegen, ebenso Fleisch mit Kartoffeln, zur Abrundung Rindfleisch und dann noch ein paar süße Plombenzieher zum Abschluß. Gastfreundschaft ehrlich gemeint und gelebt, eine echt tolle Erfahrung. Draußen war unterdessen der Backofen angeschürt worden und die Damen des Hauses haben Brote vorbereitet. In diesem Ofen werden die Brote an die Wandung gehängt, bzw geklatscht! das sind echte Künstler!
Schwer beeindruckt bin ich wieder ins Hotel gekommen und darf mich bis morgen Mittag dem relaxen ergeben. Denn morgen gehts in die Hölle! Warten wir´s ab!
Übrigens gibt es hier kein whatsapp, kein facebook, kein twitter, keine sozialen Netzwerke. Begründung: Schutz der Jugend vor schlechten Einflüssen. Allerdings gibt es auch kein roaming, so daß der einzige Kommunikationsweg über die e-mail führt.
Hier der aktuelle Reiseverlauf. (bitte anklicken)