Hinweis: Ich habe die Reihenfolge der Einträge jetzt mal gedreht, so daß die aktuellsten unten stehen. Dann ist es auch nicht so weit zu den Bildern. Ich hoffe, daß die Übersichtlichkeit damit ein wenig besser wird.
27.6. (Bilder 1-7):
Zügig ging es raus aus Chudschand, immer Richtung Süden. Esdauerte nicht lange, bis die zuvor nur im Dunst zu erahnenden Berggestalten deutlich sichtbar wurden. Zudem ging es beständig bergauf und ruck zuck war ich auf 2.600m Seehöhe. War das schön: Ich wusste ja gar nicht mehr, wie sich Temperaturen um die 20° anfühlen! Ich bin ja fast erfroren! Oben an der Passhöhe lauerte schon einer der berüchtigten Tunnel: Schlecht bis gar nicht beleuchtet, kaum Ausweichstellen und auch keine Leitpfosten, da muß man ernsthaft die Sonnenbrille absetzen, sonst bleibts duster. Denn auch hier hat der sonstige Verkehr seine eigenen Gesetze: Da wird überholt, auch von LKW!, mit Standlicht oder ganz ohne Licht gefahren. Die Brüder lieben es auch, Dir bis auf 20cm ans Heck zu fahren; da bleibt der Adrenalinspiegel hoch! Übrigens gilt diese Strasse als Schnellstrasse und man muß Maut zahlen. Das gilt allerdings nicht für Motorradfahrer, denn je nach Gestik eines beim eigenen Erscheinen hurtig auf die Fahrbahn hüpfenden Einweisers wird rechts oder (durch den Gegenverkehr, das geht schon) links an der Mautstelle vorbei gebeten. Funktioniert immer! Na jedenfalls ging es erst mal vom Berg wieder runter. Die Strasse ist idyllisch angelegt und man vertraut auf die Fähigkeiten der Benutzer. Absperrungen zum Steilhang fehlen völlig! Da fährt man automatisch etwas zurückhaltender, denn man will ja nicht dem bläulichen Blechknäuel Gesellschaft leisten, daß ich knapp oberhalb des Baches im mittleren Schotterbett entdeckt hatte. Unten im Tal gibt´s Nachschub für diee Maschine (95 Oktan, ein Traum!) sowie die Jungs von der Tankstelle. Den folgenden Höhenzug wollte ich gerne über die alte Passstrasse bewältigen und es ging bereits im Tal recht abenteuerlich zu. Weiter oben hatten dann alle Bergbewohner lange Ohren und der Weg als solcher plötzlich einen ordentlich hohen, alten Firnmantel. Da war dann halt wieder Schluss und es ging die 35km wieder zurück und von 2700m wieder runter. So hab ich´s halt als Übungsetappe genommen, denn die Fahrt glich eher einer Geschicklichkeitsfahrt im 1. und max 2. Gang. Dann bin ich halt doch der Hauptstrecke gefolgt und durch die Killertunnel nach Duschanbe gekommen.
28/29.6. (Bilder 8-17):
Daß ich hier in einer zentralasiatischen Hauptstadt gelandet bin, das sieht man an allen Ecken. Noch nicht so sehr auf der Terasse eines grozügig angelegten Teehauses, aber mit Prachtbauten wird hier nicht gegeizt. Sei es der Präsidentenpalast mit der Kuppel (ich glaube, nur der von dem türkischen Pascha ist noch größer), Wohnhäuser im "Guckst-Du-was-ich-hab" Stil (ich habe mal versucht, heraus zu bekommen, ob diese Kolosse tatsächlich bewohnt sind, aber an den meisten Fenstern kleben noch die Montagehinweise), und dann natürlich mal wieder die entweder höchste, oder längste, oder breiteste, oder größte Fahne Asiens, so etwas mag man hier! Auf der anderen Seite, beim normalen Volk nämlich, sieht es nicht ganz so prachtvoll aus: Sei es in den öffentlichen Verkehrsmitteln (immerhin elektrischer O-Bus, wenn auch aus den 60gern), bei der Müllentsorgung (so ein anheimelndes Stahltrumm steht an jeder größeren Kreuzung und verbreitet olfaktorische Überraschungen, oder auch am Treffpunkt der Tagelöhner, wo jeder zeigt, was er hat (in diesem Fall Bohrhämmer!!) und hofft, engagiert zu werden. Meine Suche nach einem Partnerunternehmen (für Reisen im Lande) führte mich zu den drei reizenden Damen, die mich landestypisch zum Lunch einluden (1. es geht hier nicht um Parship! 2. Ich habe anstrengende 5 Minuten benötigt, bis ich den Knoten wieder aus den Beinen hatte) und mit denen ich dann auf die Suche nach einem Motorradverleiher gegangen bin. Und was soll ich sagen? Wir wurden fündig! Allerdings gehört das bei uns seltene Ural-Gespann nicht dazu. Somit habe ich auch meine geschäftliche Mission erfüllt und Möglichkeiten gefunden, hier Motorradtouren entwickeln zu können. Ab morgen schaue ich mir die Spielwiese, um die es geht, selbst an. 6 Tage habe ich geplant, um dieses grandiose und ebenso wilde wie weitläufige Hochgebirge zu durchfahren, packen wir´s an. Wer gerne auf die Karte schaut, dem sei´s verraten: Von Duschanbe geht es erst nach Kayakum, dann Chorough, weiter im Wathan-Valley und hoch nach Murgab, dann zum Karakul-See und über die Grenze nach Kirgisien, an Sari-Tasch vorbei nach Osch. Und dort hoffe ich auf ein Hotel und eine warme Dusche, ich nehme gerne auch zwei! (Durchaus möglich, daß zwischendrin kein Bericht gesendet werden kann, aber das wird wieder).
30.6. (Bilder 18-24)
Für meine Verhältnisse komme ich recht zügig aus Duschanbe weg. Der Abschied fällt mir auch nicht schwer. Heute möchte ich ins Pamir-Gebirge kommen, das einen legendären Ruf bei allen Reisenden in Zentralasien genießt. Aber zunächst muß ich noch die dichtbesiedelte Region um die Hauptstadt hinter mir lassen. Alle paar Kilometer steht hier eine Verkehrskontrolle und bei allen sind auch einheimische Verkehrssünder eingefangen. Ich komme unbehelligt durch, wahrscheinlich, weil ich immer so brav fahre. Eine erste Passstrecke darf ich in Angriff nehmen und endlich werden auch mal wieder die äußeren Bereiche der Reifen benutzt. Oben eine Überraschung: Auf der Passhöhe steht eine stinkende Fabrik! Na ja, war wohl notwendig. Danach geht´s runter in eine weite flache Ebene, die Temperaturen gehen dafür wieder rauf. Seit ich in den Iran eingereist bin, habe ich keinen Tag mehr gehabt, an dem die Höchsttemperaturen unter 35° lagen. Man gewöhnt sich. Einen glasklaren Fluß kann ich queren, einen kurzen, schattigen Halt einlegen und eins dieser dreirädrigen Ungetüme ablichten, mit denen die Felder bestellt werden. Dann gerate ich nach Kulab, einer südlichen Provinzhauptstadt. Ab hier geht es steil bergauf in die westlichen Ausläufer des Pamir. Die Passstraße vermittelt einen Vorgeschmack auf die Zustände, die ich in den nächsten Tagen vorfinden werde. Ich bewundere die wackeren Radlfahrer, die sich hier durch die Aufbrüche, den üblen Schotter und die von groben Steinen durchsetzten Passagen hochquälen. Hinter dem Pass wird es schlagartig besser, um nicht zu sagen, ideal. Beste Oberfläche und schöne Kurven erinnern an die Bergstrecken in den Alpen. Nach einer Kehre öffnet sich der Blick auf das Tal, den Grenzfluß und auf seinem anderen Ufer auf Afghanistan! Jetzt bin ich also drin, im Getümmel. Diesem Fluß, dem Pamir River werde ich die nächsten 640km folgen (allerdings nicht an einem Tag!). Leider hört die schöne Strecke alsbald wieder auf, dafür gibt es tolle Aussichten über die wilde Flußlandschaft, in die Berge, die hier schon weit über 4000m hoch sind und auf die afghanische Seite mit ihren Dörfern. In Khalai Kum nächtige ich in einem Hostel, dessen Terasse über einen Zufluß gebaut ist. Das garantiert ein besonderes Hintergrundgeräusch beim Schlafen. Mein Mopped wird schnell zum Spielgerät für die ansässige Dorfjugend. In der Garage tummeln sich nun auch die Pamir-Aspiranten und ich lerne zwei israelische Haudegen kennen, beide Mitte 60, die den gleichen Reiseplan wie ich haben.
1.7. (Bilder 24-33)
Aus Kalay Kum mit seinem gemütlichen Hostel komme ich erst gegen 9:30 weg. Sind ja auch nur 240km bis Kholugh, der Provinzhauptstadt. Aber für die ersten 3 Stunden werde ich von der Wirklichkeit eingeholt. Die Straßenreste erlauben max 35km/h und die auch nur mit beherztem Einsatz. Aber eine tolle Landschaft bietet sich dem Auge, sobald es mal von der Straße wegschauen kann. Zudem herrscht hier einiges an Gegenverkehr, darunter 6-achsige Riesentrümmer! Das müssen schon eisenharte Kerle sein, die sich damit auf diese üble und stellenweise auch sehr enge Strecke wagen. Die Flußlandschaft bietet alle Abwechslung. In einem engen Abschnitt kann man gut den Straßenverlauf auf der tadschikischen, sowie auf der afghanischen Seite (rechts in halber Höhe) verfolgen. Gut, daß ich nicht in Afghanistan fahren muß! Im Tal eines Zuflusses nach etwa 3 Std (und 90km) wartet eine der häufigen Registrierungsstellen der Grenzpolizei und danach geht es wirklich ab. Die Straße ist viel besser und in einem Abschnitt schaffe ich es auf Höchsttempo 95! Dieser Spass ist, wie immer, nur von kurzer Dauer. Die vielfältigen Eindrücke aber, die sich einzeln gar nicht beschreiben lassen, sind jede Mühe wert. Darunter auch die Jungs, die sofort mit dem Fußball spielen aufhörten, nachdem ich angehalten hatte. Nach 7 ½ Std sind wir in Khorugh angelangt. Zwischenzeitlich haben sich die Israelis und ich zum Team gebildet. Im Schlafsaal des Lal-Hotels kommen wir unter und haben diesen auch für uns alleine. Im angeschlossenen Kafe gibt es maue Pizza und ein Achtelfinale mit Elfmeterschießen, man müht sich sehr um uns.
2.7. (Bilder 34-40)
Nach einer bequemen Nacht im Lager des Hotels Lal geht’s um 9:00 auf die Piste. D.h. zunächst durch das montägliche Bazaar-Chaos zu einer Tankstelle, die 95 Oktan-Benzin verkauft (eine Wohltat für unsere Motoren). Dann wieder zurück durch das Chaos und Richtung Süden, immer dem Fluß und an der afghanischen Grenze entlang. Zuerst überholen wir eine aus 5 Fahrzeugen bestehende Landrover-Kolonne aus Deutschland, dann noch weitere von vielen Fahrzeugen auf diesem Abschnitt nach Eschkaschim. Die Strasse präsentiert sich so wild, wie erwartet und der Tanz um die Schlaglöcher lässt auch bei nur 25° Temperatur rasch Wärme in die Anzüge steigen. Die Landschaft ist grandios, das kann man nicht anders beschreiben. Unten der wilde, mitunter in Stromschnellen und durch enge Windungen schießende, graubraune Pamir-Fluß, dann gerne sandige Ufer, abwechselnd mit felsigen Steillagen. Dazwischen immer wieder grüne Oasen mit ihren überschatteten Strassen (wo man die Schlaglöcher nicht sehen kann!), in die die kleinen Dörfer eingebettet sind. Dann wieder wilde Landschaft über viele, viele Kilometer. Kurz vor einer, schon gar nicht mehr so seichten, Wasserdurchfahrt überhole ich das Paar aus Köln, daß mit einem Bulli unterwegs ist und das ich aus Samarkand kenne. Kurze Zeit später später treffe ich auf eine älteres Paar aus AÖ, die mit einem 12to Allrad-Iveco unterwegs sind. Das ist dann doch schon starker Tobak für diese, bisweilen sehr engen Wege, aber bitte. In den Dörfern kommen wir immer auch an den zentralen Verkehrszentren vorbei. Öffentlichen Verkehr gibt es hier nicht. Alles wird mit den Geländewagen transportiert. LKW´s gibt es schon seit Kholough nicht mehr. Nach der Mittagspause in Eschkaschim geht es wieder Richtung Osten. Die Berge reichen teilweise schon auf über 6000m. Ein Fotostopp wird zur Überraschung, weil Pieter aus NL mit seiner Kawa auftaucht, den ich schon im Iran kennengelernt habe. Dazu eine junge Frau auf einer kleinen chinesischen Maschine mit abenteuerlicher Gepäck-Unterbringung. Die Leute haben echt Mut. Ein österreichisches Pärchen auf einer alten Suzi ist im Schlepptau und gemeinsam geht es weiter, wobei die Israelis und Pieter ein Höllentempo vorlegen. Schnell bin ich allein und gerate auf einen frisch geschotterten Abschnitt, der lustige 70km lang ist und fahrerisch alles abverlangt. Der Schotter ist weich und tief, dazu durch sandige Abschnitte ergänzt und verlangt meinen ganzen Mut. David gibt mir noch technische und fahrerische Tipps und dann geht es ganz gut und mit bis zu 60 Sachen wird das Schotterfeld abgewalzt. Danach war ich ziemlich groggy und habe wg der vollen Konzentration auf Straße und bike kaum Augen für die Landschaft gehabt. Dennoch bin ich froh, diesen Abschnitt hinter mir zu haben und das Feierabendbier schmeckt uns allen.
3.7. (Bilder 41-52):
Mittlerweile haben wir 580km am Pamirfluß entlang zurückgelegt und sind bei 2800m Seehöhe angelangt. Doch jetzt geht´s richtig los, wir wollen (und müssen) in die Höhe. Ein letzter Blick auf das Hostel und dann muß ich zeigen, was ich gelernt habe. In atemberaubenden Kehren geht es zunächst steil auf 3300m nach oben. Dort weitet sich der Blick über die unendliche Berglandschaft, die aus dem Tal nicht zu erahnen war. Abgesehen von unserem Geknatter (und dem stets stark wehenden Wind) herrscht absolute Ruhe. Andere Fahrzeuge: Fehlanzeige. Wobei wir später noch 7 Radlern begegnen, die es bei den Verhältnissen deutlich schwerer haben als wir. Eine Ziegenherde und ein Hirtenpaar sind die einzigen, die wir innerhalb von 2 Std treffen. Nicht zu vergessen die Karawane auf afghanischer Seite. Wir bewegen uns immer noch im Bereich von 3500m und der Fluß ist wieder auf unser Niveau gelangt. Am dort üblichen Grenzmilitärposten werden wir wieder registriert und verlassen den Fluß Richtung Norden. Kurze Zeit später ist die Passhöhe erreicht, 4330m stehen auf der Uhr. Es ist kalt, stürmisch und scheint auch noch nass zu werden. Das verhagelt ein wenig die Feierstimmung, denn wir müssen noch 45km weiter und 600m runter, bis wir auf die Pamir-Hauptstraße treffen. Selbstredend, daß bis dahin noch so manche Überraschung auf der Piste auftauchte, unter anderem lange Passagen mit dem berüchtigten Waschbrettprofil, das Maschine und Fahrer in ihre Einzelteile zerlegen will. Aber schlussendlich erreichen wir den Pamir-Highway, und darüber waren wir wirklich froh, lag doch der technisch schwierigste Teil unserer Tour nun hinter uns. Da wir so gut durchgekommen waren, haben wir entschlossen, noch in die nächstgrößere Behausung nach Murgab zu fahren. Die Yakherde waren die einzigen Lebewesen, die wir auf diesem 115km-Abschnitt antrafen. Angesichts der Ausblicke in dieser grandiosen, leeren Weite durchaus verschmerzbar.
4.7. (Bilder 53-62):
Wir verlassen das etwas angestaubte, aber immerhin, „Hotel“ (WC und Dusche am Flur für 20), das aus Mangel an zentraler Stromversorgung erst abends beleuchtet wird, wenn der Wirt den alten und lauten Dieselgenerator anschmeißt. Dann laden wir erstmal landestypisch Benzin. Dazu hat der Tankwart (gekleidet in eine Panzerkombi der Bundeswehr!) einige 5l-Flaschen vorbereitet. Den Trichter muß man dann selbst halten. Und ab geht es in die unglaubliche Weite der Hochebene. Der nächste Höhepunkt steht an, die Befahrung des 4566m hohen Akbaytal-Passes. So hoch war ich zwar schonmal, aber noch nie mit einem Fahrzeug. Ich habe dann noch einen draufgelegt, bin auf 4700m hochgegangen und habe damit einen persönlichen Höhenrekord erreicht (so einfach hatte ich mir das nicht vorgestellt!). Dort oben gibt es natürlich auch keinen Asphalt mehr und so kamen wieder einige km Schotter in die Sammlung. Der nächste Stop wurde am Karakul gemacht. Das ist ein See in 3970m Seehöhe, der vor zig Mio Jahren durch einen Meteoriteneinschlag entstanden ist. Das muß ganz schön gescheppert haben. Es gibt auch eine Insel im See, auf der im 2.Weltkrieg deutsche POW´s gefangen gehalten wurden (brr, ich mag gar nicht daran denken, was die im Winter gemacht haben müssen, um zu überleben). Am See liegt ein gleichnamiges Dorf, aber so eine trostlose Ansammlung an Gebäuden habe ich noch nicht gesehen (im Vordergrund ein zu seiner Zeit sicher gut gemeinter Spiel- und Sportplatz). Der nächste Höhepunkt wartete dann schon in Form des Kyzil-Art-Passes auf 4336m. Weniger wegen des Übergangs, als wegen der tadschikischen Grenzstation, die sich hier befindet. Aufgrund hohen Verkehrsaufkommens (2 Sammeltaxis aus Tadsch und 15 Radfahrer aus Kirgistan kreuzten sich) kam eine Wartezeit von 1 ½ Std zustande. Eigentlich nicht schlimm, doch es begann zu schneien. Da auch hier kein Asphalt mehr hält, sondern Lehm sich breitmachte, verwandelte sich der Übergang in eine Schlammgrube. Das wird dann auch für Stollenreifen irgendwann unlustig. Bei der Abfahrt geschah es dann, daß mein Vorderrad partout nicht aus der schmalen und tiefen, in den Schlamm gebackenen Fahrrinne rauswollte, jedenfalls nicht so wie ich. Es gab ein Querschlagen des Lenkers und schon befand sich die Fuhre mitsamt Reiter in nicht geplanter Schräglage. Das wiederum hat den linken Spiegel dazu bewogen, mir kurzfristig die Zusammenarbeit zu kündigen. Allerdings zwecklos, schnell die Fuhre wieder aufgehoben, den Spiegel in den Koffer geworfen und weiter, denn erst nach 20km wartete die kirgisische Grenzstation. Somit befanden wir uns im Niemandsland und keiner will hier gerne zurück bleiben. Insgesamt war´s recht unangenehm. Bei der kirgisischen Einreise die nächste Überraschung: Das Visum meiner israelischen Freunde beginnt erst am 5.7., doch heute war der 4.7.! Nach einigem hin und her bat man die beiden (mittlerweile regnete es in Strömen) in die extrem rustikale Aufenthaltskiste der Grenzsoldaten und zwar bis Mitternacht. Ich hatte parallel mein Aha-Erlebnis beim Zoll-Zöllner. Nach weiteren 1 ½ Std Wartezeit unter einem zugigen Dach verweigerte er mir die Einreise, weil er ein Dokument sehen wollte, das es mir als Privatperson erlaubt, das auf meine Firma zugelassene Motorrad einführen zu dürfen. Die Angaben auf dem Carnet-de-Passage, das ich aus den Tiefen des Gepäcks buddelte, genügten genauso wenig wie der HRB-Auszug, den ich als Kopie am Rechner zeigen konnte. Es dauerte wiederum 1 ½ Std, bis er mit der „my friend, I will help you“ Nummer kam. Ich erhielt eine Belehrung über die zentralasiatische Zollunion, einen genauen Fahrplan, welche Länder ich bis wann zu bereisen hätte und die Aussicht auf ein 4-wöchiges Permit (das wäre aber zu kurz gewesen). Freundlich, aufgeschlossen und geduldig, wie ich in solchen Situationen und auch sonst ja grundsätzlich bin (kleiner Scherz!), hörte ich mir alles brav an, stellte mich dumm und bekam dann erstens das Permit für ein Jahr und zweitens den freundlichen Hinweis: „go!“ Das hab ich dann auch schnellstens umgesetzt! Mittlerweile war es schon gegen 19:30 und es dämmerte. Die Jungs waren in der Baracke erstmal unter und ich hatte noch Unterkunft für uns zu besorgen. Das ist mir auch geglückt und mithilfe unserer Wirtin konnte ich mit den Jungs telefonieren!!! Die Ebene von Sary-Tasch ist wahnsinnig weit, und so konnte man jedes Fahrzeug verfolgen, das von der Grenze kam. Jetzt kam es nur noch darauf an, die beiden so abzupassen, daß ich rechtzeitig die Warnblinkanlage auf meiner Maschine einschaltete, damit sie den richtigen Abzweig von der Hauptstraße ins Feld und zu unserem etwas abseits stehenden Hostel finden. Hat geklappt und um 1:30 war das Abenteuer überstanden. Welcome to Kirgistan!
Den darauf folgenden Tag haben wir zum relaxen genutzt, sowie zum Grobreinigen von Maschine und Klamotten, das betraf jedoch erstmal nur mich. Die Aussicht vom Hostel ist jedoch begeisternd gewesen, selbst der Piz Lenin mit seinen 7134m zeigte sich!
6/7.7. (Bilder 63-72):
Der Morgen begann mit einer ADAC-reifen Aktion: Plötzlich stand ein Motorradfahrer ohne Motorrad neben uns und bat um Hilfe: Seine springe nicht mehr an. Er hatte einige km weiter gecampt und kam nun nicht weg. Per Anhalter hat er es bis zu uns geschafft und wir sind zusammen zum Ort des Geschehens. Sichtkontrolle, choke finden und ziehen und starten, das war´s. Der Junge war vielleicht verdattert! Hatte ihm bei der Verleih-Firma keiner erklärt. Somit war die ganze Sache quick, aber nicht dirty! Dann auf zur nächsten Tanke und wieder gutes Benzin befüllen unter den gestrengen Augen der Tankstellenkinder. Die Weiterfahrt in die nördlichen Berge war wie ein Heimkommen in die heimischen Alpen: Gute Straßen, tolle Kurven, tolle Ausblicke. Nur die Art und das Benehmen einiger landestypischer Bewohner unterschieden sich in Details. Osh, die zweitgrößte Stadt des Landes empfing uns regelrecht warmherzig. Jedenfalls empfanden wir, nach den frostähnlichen Bedingungen im Pamir, die hier angesagten 34° als etwas übertrieben. Wir haben ein schönes Hotel gefunden, Einzelzimmer mit eigenem Bad!!! Und Garten, wo die Moppeds grasen dürfen. Osh ist ganz nett, es gibt kaum Hochhäuser, aber einen weithin sichtbaren mehrgipfeligen Berg in der Mitte. Das ist der Suleiman Too, der mehrere Funktionen erfüllt: Zum einen als Aussicht über die Stadt, das ist klar; zum Zweiten diente er einem gewissen Suleiman, einem Nachkommen von Timur dem Großen (schon irgendwo gehört, gell?) als Einsiedelei, um nach tiefer Einkehr zu beschließen, sich nicht nur mit der Verwaltung des zugesprochenen, großen und reichen Fergana-Tales zu begnügen, sondern doch gleich ein paar angrenzende Regionen zu annektieren, um den Grundstein für die heutige Nation zu legen (kürzer konnte ich die Geschichte jetzt nicht zusammenfassen). Und zum Dritten markiert der Berg den Mittelpunkt der Seidenstraße. Nach Osten geht´s noch genausoweit wie nach Westen. Ich für meinen Teil will das mal nicht hoffen und vermute, es hängt alles von der Sichtweise ab. Jedenfalls bleibe ich noch 2 Tage, denn Dank des stabilen internet kann ich einige dringende Dinge bearbeiten. / Noch ein insider an Nik: So einen will ich auch!
9.7.(Bilder 73-82)
Der Abschied aus dem schattigen Hotelgarten fällt uns nicht leicht. Zeigt das Thermometer doch bereits um 10:00 an die 34° an, das kann ja heiter werden. Es geht erstmal raus aus der Stadt, doch deren Ausläufer wollen kein Ende nehmen. Und in jedem Nest eine Polizeikontrolle. Da diese den 40km/h-Bereich rund um Fußgänger-Überwege überwachen, sind wir natürlich im gesamten Ortsbereich sehr vorsichtig. Somit geht es auch kaum voran. Erstaunen lässt mich immer wieder die Ladekunst der Kleintransporter-Piloten. Ob es um zusätzliche Pferdestärken geht (vielleicht läuft die Karre dann schneller) oder einfach nur um Stroh, es wird getrickst, improvisiert und befestigt, was eigentlich nicht befestigt werden kann. Aber es funktioniert. Hinter einem Bergrücken taucht Jalalabad (schöner Name) in der Ebene auf. Mir bleibt der Ort auch deshalb im Gedächtnis, weil der Hitzrekord (39°) eingestellt wird. Dort werden wir uns erstmal wieder trennen. Die Gentlemen reisen direkt nach Bishkek weiter und ich möchte einen Abstecher durch das zentrale Kirgistan zu den großen Gebirgsseen machen. In Almaty wollen wir uns wieder treffen. Mein Weg wird jedenfalls schnell rauh und abenteuerlich. Auf 50km sind 2200 Hm asphaltfrei zu überwinden. Die Landschaft ist jedenfalls toll. Schade, daß es hier keinen vernünftigen Straßenbelag gibt, da könnte man mal wieder ein wenig am Gasgriff ziehen. Das empfiehlt sich natürlich nicht, denn der Schotter ist zum Teil sehr grob und das Mopped muß mit Nachdruck in der gewünschten Spur gehalten werden. Oben stehen dann fast 3000m zu Buche und im gleichen Stil und genauso weit geht´s wieder runter. Auf der Höhe machen einige Schafscherer ihre Tiere für die Sommerfrische klar, während nebenan noch der Altschnee meterhoch liegt. Unten erwartet mich ein trostloses Nest, aber ein nettes Hostel, das sogar über einen Thron verfügt: Man muß ihn zwar ersteigen, kann aber dort nicht sitzen!?
10.7. (Bilder 83-90):
Der Tag beginnt mit schönem Wetter. Ein Abschiedsfoto mit der Wirtin und mit Amy, einer BMW-GS-Amazone aus Australien, die eine besondere Mission zu erfüllen hat: Sie soll werbewirksam nachweisen, daß man mit der neuen, kleinen R310GS von der Mongolei nach München fahren kann. Da sie in Ihrere Heimat als Offroad-Instructorin tätig ist, wird ihr das fahrerisch locker gelingen. Viel Glück. Für mich beginnt der Tag, wie der Letzte aufgehört hat: Schotter, Schotter, Schotter und dazu wahnsinnig viel Staub, aber auch wieder schöne Details. Drei Pässe sind zu überwinden, am letzten davon stelle ich fest, daß ich mich mal wieder rasieren könnte. Das Tal ist bereits vor Augen aber noch irre weit weg. Dort habe ich die Möglichkeit, auf eine (schlecht) geteerte Straße zu wechseln. Ich tu´s auch, schone Mensch und Maschine und lasse die Besichtigung des einen Bergsees aus. Ohnehin bin ich an den zwei Tagen 220km rumgeschottert und auf dem Wellblech-Belag in den flachen Abschnitten durchgeschüttelt worden. Dabei ist eine Wasserflasche leck geschlagen und hat einen der Koffer unter Wasser gesetzt. Ich finde, daß das erstmal reicht, in der Mongolei warten ja auch noch ein paar (ausgedehntere) Pisten. In Kochkor (auch wieder so ein verwahrlostes Nest) erwartet mich wieder ein nettes Hostel und hier bleibe ich. Jetzt sind es nur noch 60km bis zum großen See, dem Issy Köl. Dort möchte ich mein Zelt aufbauen und ein paar Tage so tun, als hätte ich Urlaub. Daher melde ich mich erst am Wochenende aus Bishkek oder Almaty wieder.
11/14.7. (Bilder 91-98):
Die Anreise zum See erfolgt aus guter Straße durch die, erstaunlich wüstenartige, Berglandschaft. Am See darf ich mein Zelt in einem Jurten-Camp aufbauen. Das ist prima, denn so kann ich die Annehmlichkeiten wie Dusche/WC und Verpflegung bis zu 3x am Tag nutzen. Das Publikum ist international und wechselt fast täglich, nur leider nicht die französische Pfadfindertruppe, die jede Nacht Party macht. Das schmälert ein wenig die ansonsten idyllische Atmosphäre. Der See ist zwar recht kühl, aber dennoch zum Baden geeignet, was ich auch jeden Tag nutze. Ich verbringe meine Zeit mit quasi nichts tun (wobei kleinere Reparaturarbeiten an der Ausrüstung immer anfallen) und versuche, allerdings erfolglos, in den Zustand der Langeweile zu geraten. Der See ist umgeben von schneebedeckten Bergen, die bis über 4500m reichen und das Wetter wechselt ständig. Glühendheiß schon in der Früh, wenn keine Wolke am Himmel hängt, kann urplötzlich ein kleiner Schauer mit Windböen über den Platz fegen und dann wird es sofort kühl. Aber das stört nicht wirklich, denn dann haue ich mich ins Zelt und mache ein Nickerchen.
Am Samstag hieß es dann mal wieder Abschied nehmen und ich bin Richtung Bishkek gefahren. Die Hauptstraße vom See weg führt kurvenreich durch ein enges Tal, so daß auch die äußeren Reifenpartien mal wieder etwas Einsatz bekamen, sehr schön! Ein Abstecher führte mich noch zum Turm von Burgana. Er war Teil einer Zitadelle aus dem 11.Jhdt und markiert eines der ältesten Bauwerke an der Seidenstraße. Hier habe ich mich auch von dieser verabschiedet. Angefangen in Istanbul bin ich diesem mittelalterlichen Verkehrswegenetz nahezu 10.000km weit gefolgt. Dabei habe ich einen Eindruck bekommen können, wie man in Vorzeiten diese gewaltigen Strecken überwunden haben muß. Vieles davon führte durch Wüsten und über gewaltige, schwer zugängliche Hochebenen. Nun sitze ich in der Hauptstadt und bedaure den Verlust meiner Kamera, die im Camp kaputt gegangen ist und die sich nicht mehr rührt. Vielleicht finde ich in Almaty eine Reparaturmöglichkeit oder einen Ersatz.
15./16.7. (Bilder 99-105):
Also Bishkek ist nicht so sehr das Gelbe vom Ei, allerdings, Freunde guter, alter, russischer Wohnhausbau-Architektur kommen hier auf ihre Kosten. Erstaunt hat mich auch die Diskrepanz zwischen schlechter Infrastruktur auf der einen Seite und maximalst aufgemotzten Fahrzeugen auf der anderen Seite. Das gemeinschaftliche Eigentum zählt hier offensichtlich nichts, das individuelle umso mehr. Am Hotel erwartete mich eine wahre Motorradschau, zumeist aus Italien und Polen. Das Hotel ist ein Umschlagplatz für einen Transporteur, der diese Maschinen hierher liefert und abholt. Auch alte Bekannte aus Sary Tasch waren darunter. Allerdings war meine in diesem Umfeld die Einzige, die auf eigener Achse angereist war! Mit meiner defekten Kamera bin ich auf der Suche nach einer Reparatur-Möglichkeit. Und tatsächlich, für ein hohes Salär finde ich einen Spezialisten. Der Zoom funktioniert danach wieder, dafür ist der Bild-Stabilisator kaputt und ohne diesen sind keine Aufnahmen möglich. Also vom Regen in die Traufe. Dafür kann ich ein erfreuliches Finale ansehen und mich mit den „Blauen“ freuen. Hier bin ich jedoch nahezu der Einzige mit diesem Bekenntnis.
Am Montag bin ich Richtung Almaty weiter gezogen. Wie üblich bei weit über 30°, es lohnt kaum, das noch zu erwähnen. Die Grenzabfertigung erfolgte vergleichsweise flott, nach 30´war ich in Kasachstan. Spontan wechselte auch das Bild der Umgebung: Bis hinter den Horizont reichende, goldgelbe Weizenfelder, die erst jetzt zur Ernte anstehen, wechseln mit der unendlichen Grassteppe ab. Die Region Almaty dagegen präsentiert sich außerordentlich grün. Die ganze Stadt ist von Alleen und begrünten Plätzen durchzogen und die üppigen Wälder ziehen sich bis in die naheliegenden Berge, die schneebedeckt bis auf über 4000m ansteigen. Eine tolle Lage für eine Stadt! Der Verkehr präsentiert sich wie erwartet, dicht bis absolut dicht, jedoch kann ich feststellen, daß sich hier die meisten sogar an rote Ampeln halten. Mit David war ich am Abend unterwegs. Leider hat er sich dazu entschieden, seine Reise hier zu beenden und so bin ich erstmal wieder alleine auf Tour. Das ist jetzt erstmal nicht so schlimm, die Aussichten für die nächste Zeit sind positiv und in der Mongolei werde ich schon jemanden treffen. Mein Quartier habe ich in einem ehemaligen sowjetischen Prunkhotel aufgeschlagen und habe hier bereits beim Frühstück einen schönen Blick über die Stadt. Heute und morgen bleibe ich noch hier, mache ein paar Besorgungen, auch für die Maschine, und schaue mir die eine oder andere Sehenswürdigkeit an. Direkt im Norden beginnt die kasachische Steppe und damit beginne ich auch ein neues Kapitel. Von hier bis Ulan Bataar sind es noch rund 3600km, die zu absolvieren sind. Aufgeteilt in kleine Häppchen, die je nach Straßenzustand und Wetter gestaltet werden, sind das ab Donnerstag nochmal 15 Reisetage (siehe Reisestatus), die sicherlich noch die eine oder andere Überraschung bringen werden.